In gemütlicher Atmosphäre treibt der Autobauer vermeintlich zukunftsträchtige Projekte voran. Es geht vor allem um sogenannte „Lifystyle“-Themen, ein relativ neues Projekt kommt der Umwelt zugute.
Ludwigsburg – In den Büros der Porsche-Digital-Gesellschaft in der Ludwigsburger Weststadt sitzen junge Menschen vor ihren Laptops und in verglasten Konferenzräumen, die die Namen von Porschemodellen und Rennstrecken tragen. Sie arbeiten mit daran, den alt eingesessenen Sportwagenhersteller fit zu machen für die Zukunft.
Die Digital-Tochter ist sozusagen der Pfadfinder des Autobauers, sie soll neue Geschäftsmodelle entwickeln und attraktive Start-Ups aufspüren, an denen sich die Zuffenhäuser dann beteiligen können. Denn allein vom Autoverkauf wird auch die Marke mit dem Pferdchen nicht ewig leben können.
Der Verkehrsminister lobt den Autobauer
Bislang waren die Räume in Ludwigsburg, die das Unternehmen 2016 bezogen hat, ein kleines Geheimnis. Nun hat der Autobauer einen Besuch von Verkehrsminister Winfried Hermann zum Anlass genommen und einen kleinen Einblick gewährt. Dass er als Grüner auf seiner Sommertour ausgerechnet auch dem Sportwagenhersteller einen Besuch abstattet, konnte Hermann begründen. „Porsche fährt nicht nur schnell, Porsche denkt auch schnell“, sagt der 67-Jährige und lobte im gleichen Atemzug die Innovationskraft des Unternehmens, das seine Modellflotte schnell elektrifizieren und klimaneutral produzieren will. Ein Porsche sei dennoch nicht zwingend nötig, aber mache eben Spaß, sagte Hermann.
Das gilt wahrscheinlich auch für zahlreiche Entwicklungen, die aus Ludwigsburg kommen. „Nice to have“, würde der anglizismen-affine Porsche-Digital-Mitarbeiter wahrscheinlich sagen.
Kunden können zertifizierte Projekte unterstützen
Ein Team arbeitet zum Beispiel an einer Lösung für Kunden, die ihr Autoindividuell folieren lassen wollen, ein anderes an einem digitalen Angebot für Berufspendler. „Eigentlich geht es bei vielen Dingen, die wir hier machen, um Lifestylethemen“, sagt Sprecherin Tanja Deutschenbaur. So steht es auch an der Wand eines Konferenzraumes geschrieben. Das Ziel: Kundenbedürfnisse in eine intelligentes und aufregendes, digitales Erlebnis verwandeln. Aber längst nicht alles, was die 70 Mitarbeiter in Ludwigsburg und 50 weitere in den USA, Berlin und Tel Aviv Wirklichkeit werden lassen, ist Spielerei. Mit dem Programm „Porsche Impact“ zum Beispiel können Porsche-Fahrer freiwillig Ausgleichszahlungen für ihre CO2-Emissionen leisten, wie es bereits beim Fliegen möglich ist.
Viele gut ausgebildete Bewerber
Egal, woran die Mitarbeiter in der Ludwigsburger Weststadt arbeiten, sie brennen dafür. Wirtschaftsinformatiker Nicolai Dreharov schwärmt von einer „genialen Atmosphäre“. Sein Arbeitgeber schaffe es, dass die Angestellten maximal produktiv seien, von der Möblierung über die Technik passe alles. Und ja, wer möchte nicht gerne einen Flipperautomaten am Arbeitsplatz stehen haben, sich zum Telefonieren in eine schalldichte Kabine zurückziehen und auf einem riesigen blauen Sofa entspannen. Die Atmosphäre, die so gar nicht zur sterilen Porsche-Welt passen will, lockt offenbar viele. Mathias Dörrich, Personalchef bei Porsche Digital, hat jedenfalls keine Probleme neue, motivierte Mitarbeiter zu rekrutieren. „Den Fachkräftemangel spüren wir nicht“, sagt er. Die Bewerber seien alle so gut ausgebildet, dass es eigentlich eher darum gehe, ob sie gut ins Team passten. Denn das sei ziemlich eingeschworen.
Laut Porsche-Digital-Chef Mathias Ulbrich, der Anfang April den Posten von Thilo Koslowski übernommen hat, gehe es darum, „agil in Teams, aber gleichzeitig selbstverantwortlich“ zu arbeiten. Das gehe nur mit geeigneten Räumlichkeiten. Und die habe das Unternehmen in Ludwigsburg geschaffen.
Erschienen am 09. September 2019 in der Stuttgarter Zeitung
Autor Michael Bosch